Friedl Kubelka vom Gröller
Friedl Kubelka vom Gröller (geb. Bondy) wurde 1946 in London, England, geboren und zog mit ihren Eltern über Ost-Berlin nach Wien. Von 1965 bis 1969 besuchte sie die Grafische Lehr- und Versuchsanstalt, Abteilung für Fotografie, in Wien und drehte ihre ersten Filme. 1971 erwarb sie den Meistertitel. Danach eröffnete sie von 1971 bis 1977 ihr eigenes Fotostudio und arbeitete als Werbefotografin. 1977 leitete sie die erste "Klasse für künstlerische Fotografie" und 1990 gründete sie ihre eigene "Schule für künstlerische Fotografie" in Wien, die sie bis 2010 leitete. 1997 absolvierte sie eine Ausbildung zur Psychoanalytikerin. Im Jahr 2006 gründete sie eine Schule für unabhängigen (analogen) Film in Wien, die sie bis 2013 leitete. Die Künstlerin war in erster Ehe bis 2001 mit Peter Kubelka verheiratet und ist seit 2009 mit Georg Gröller verheiratet. 2005 erhielt die Künstlerin den Österreichischen Staatspreis für Fotografie. 2017 wurde sie mit dem Österreichischen Kunstpreis ausgezeichnet - in der Kategorie Film. Friedl Kubelka lebt und arbeitet in Wien.
Nach ersten künstlerischen Arbeiten im Jahr 1971 begann Kubelka 1972 das Langzeitprojekt der Jahresportraits. Über den Zeitraum eines Jahres nimmt sie sich täglich selbst mit der Kamera auf – dieser Vorgang wird alle fünf Jahre wiederholt. Diese konzeptuell strukturierte Arbeit am Thema Selbstportrait erzeugt durch den Wechsel von übersteigerten Posen weiblicher Selbstinszenierung mit Dokumenten des Rückzugs ein komplexes Bild weiblicher Identitätssuche. Durch die Wahl der Inszenierung und der Requisiten werden kleine Geschichten und persönliche Erlebnisse angedeutet – die einzelnen Fotos schließen sich scheinbar zu einem Film mit einem Bild pro Tag zusammen. Die Weiterführung dieses Projekts in Wochen - (Portrait Louise Anna Kubelka,1978-96) und Tagesportraits (z.B. Tagesportrait Peter Kubelka, 1974) mit einer Aufnahme pro halbe Stunde erreichte seine Kulmination im Das tausendteilige Portrait (1980) ihrer Mutter. Diese in 43 Sektionen gegliederte Arbeit, die auf einen Index von Gedanken ihrer Mutter Lore Bondy rekurriert, zeigt Portraits mit sehr kurzen Pausen zwischen den einzelnen Bildern und kommt so dem filmischen Verfahren der Auflösung der Wirklichkeit in einzelne Kader am nächsten.
In einer Umkehrung des dem Film entlehnten fotografischen Verfahrens portraitiert Kubelka in ihren filmischen Arbeiten Personen im Zustand größtmöglicher Unbewegtheit. In Filmen wie Heidi (1974), Peter Kubelka und Jonas Mekas (1994) oder Elten (1997-99) wird durch das Fehlen von Aktion und Handlung in einzigartiger Weise der zwischenmenschliche Prozess während des Aufnehmens und Aufgenommenwerdens dokumentiert - teilweise mit dem realen Auftritt der Künstlerin im Film selbst. (Hemma Schmutz)