Künstlerplakate

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© Heimo Zobernig

Heimo Zobernig

Künstlerplakate, 1987-

Künstlerplakate

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Werktext

Künstlerbücher, Kataloggestaltung und Grafikdesign sind ein zentraler Teil der künstlerischen Praxis von Heimo Zobernig (1958 Mauthen, AT – Wien, AT). Zobernigs grafische Konzeptionen beschränken sich dabei nicht nur auf seine eigenen Bücher und Kataloge, sondern umfassen ebenso Plakate, Einladungskarten, Plattencover und dergleichen mehr. All diese Arbeiten übersetzen sein Interesse für das Verhältnis von Form und Funktion, für die Präsentationsweisen von Kunst sowie für Ausstellungsdisplays in den Kontext eines erweiterten Verständnisses von Publikationen und lassen eine intensive Beschäftigung mit Typografie, Sprache, Ordnungssystemen und Farbenlehren offensichtlich werden. So werden Normungen in diesem Bereich (z. B. das DIN-A4-Format oder das CMYK-Farbmodell) künstlerisch produktiv gemacht und geltende Gestaltungsregeln spielerisch hinterfragt. Farbe Der gezielte Einsatz von Farbe ist eines der prägendsten Gestaltungsmittel, die bei Heimo Zobernig zum Einsatz kommen. Seine grafischen Konzepte für Publikationen und andere Drucksorten basieren oft auf den vier Farben des CMYK-Farbmodells (Cyan, Magenta, Yellow, Key = Black), das die technische Voraussetzung für den Vierfarbdruck bildet. Dabei untersucht Zobernig die Möglichkeiten der Nutzung dieser vier Grundfarben auf analytische und zugleich humorvoll-subversive Weise. Die Beschäftigung mit streng festgelegten Farbsystemen und das Unterlaufen dieser Strenge prägen auch seine Malereien, Skulpturen und Videoarbeiten. Ab Mitte der 1980er-Jahre malt Heimo Zobernig abstrakte Bilder, beschränkt sich dabei ebenso auf ein vorab selbst festgelegtes Farbspektrum und spielt mit den Zusammenhängen von Farben, Formen und geometrischer Variation. 1995 publiziert er gemeinsam mit dem Schriftsteller Ferdinand Schmatz das Künstlerbuch Farbenlehre. Die beiden entwickeln darin in der Gegenüberstellung von historischen Texten und daraus abgeleiteten Diagrammen eine „Farbenlehre aus Farbenlehren“ und zeigen, dass es die allgemein gültige Farbenlehre „als einzige nicht geben kann, aber unter Farbenlehren gibt.“ (Schmatz/Zobernig) Referenzen Wiederholungen, Verweise, Anspielungen und (Selbst-)Zitate sind ein zentraler Aspekt in Zobernigs Werk, etwa, wenn ortsspezifische Installationen bei späteren Ausstellungen in einem veränderten räumlichen Setting wieder gezeigt werden. Insbesondere für seine Kataloge und Künstlerbücher greift er auf bereits Publiziertes zurück, eignet sich fremde und eigene Entwürfe an und schafft im Austausch mit ihn zitierenden Künstlerkolleg_innen ein Netz an Bezügen. Das beginnt bei den frühen Ausstellungskatalogen, die bereits als Künstlerpublikationen angelegt sind und sich in (noch kleinem) Format und Umfang sowie in der Grundidee für den Umschlag als Serie lesen lassen. Dieses Vorgehen führt bisweilen zu regelrechten Referenzschleifen, wenn etwa Zobernigs eigener Entwurf für das Cover der Zeitschrift Texte zur Kunst (Nr. 11, September 1993) einige Jahre später von Mathias Poledna für dessen Coverentwurf für dieselbe Zeitschrift (Nr. 31, September 1998) aufgegriffen und schlussendlich von Zobernig in einer Art Rückaneignung für das Künstlerbuch Kunst und Text zu seiner Ausstellung im Bonner Kunstverein 1998 genutzt wird. Die fünf Begriffe (Farbe-Text-Raum-Kunst-Modern) prägen das künstlerische Werk Heimo Zobernigs und bilden eine räumliche Figur, die einen Aufriss von El Lissitzkys Prounenraum zitiert. Zobernig greift in der Gestaltung auf die vier Farben des CMYK-Schemas zurück, ergänzt durch ein Grün, das durch eine 100:100 Mischung aus Cyan und Yellow zustande kommt. Einige Monate später nutzt er dasselbe räumliche Prinzip für die Gestaltung des Schriftbildes Blue Box Video für eine Einladungskarte. Typografie und Layout Zobernigs typografische Konzeptionen und Layouts suchen nach der Komplexität im Einfachen. Der maximalen Reduktion auf ein festgelegtes Set von Gestaltungsmitteln steht eine Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten gegenüber, die Zobernig gewinnt, indem er etablierte Designregeln und eingeübte Lesegewohnheiten ohne Hemmungen unterläuft. Ende der 1980er-Jahre legte er sich auf das A4-Format (bei Künstlerbüchern und Katalogen), auf die Schriftart Helvetica und auf ein weitgehend uniformes Layout fest. Ausschlaggebend für seine Wahl war nicht die Suche nach dem Einzigartigen und Ungewöhnlichen, sondern die hohe Funktionalität, Neutralität, breite Verfügbarkeit und Zugänglichkeit dieser Standards, die „demokratische“ Werte vermitteln und denen eine „unhierarchische“ Erscheinung innewohnt. In seinen Gestaltungen stellt Zobernig grundlegend die üblichen Vorstellungen, wie ein Buchumschlag oder ein Plakat zu funktionieren habe, infrage – so entsteht der für ihn charakteristische unkonventionelle Einsatz der Typografie. Seine enigmatischen typografischen Gestaltungen mit rabiat angeschnittenen Texten, verlorenen Abständen, multiplen Überlagerungen oder drastischen Verschiebungen von Proportionen und Leserichtungen heben den bildähnlichen Charakter von Schrift hervor. Corporate Design Das Corporate Design von Kunstinstitutionen ist in jeder Drucksortengestaltung präsent. Sein Einfluss auf die Wahrnehmung von Kunst wird jedoch nur selten reflektiert. Heimo Zobernig hat für verschiedenste Ausstellungen immer wieder projektbezogene Designs entworfen, die das Branding von Katalog, Einladungskarte und Plakat umfassten. 1997 konzipierte er für die Wiener Secession ein Corporate Design, das zehn Jahre lang für Drucksorten und vor allem für Ausstellungskataloge eingesetzt wurde und somit das Erscheinungsbild der Institution lange Zeit prägte. Auch abseits dieser Aufträge thematisiert Zobernig den Zusammenhang von institutionellem Erscheinungsbild und den innerhalb der Institutionen geltenden Bedingungen und Präsentationsweisen von Kunst. So nutzte er für den Katalog seiner zeitgleich in der Neuen Galerie Graz und im Salzburger Kunstverein stattfindenden Retrospektive das jeweils kurz zuvor eingeführte Corporate Design der beiden Ausstellungshäuser. Am Cover verschränkte er beide miteinander, während er sie im Inneren der Publikation gegenübertreten lässt. Für die Generali Foundation hat Zobernig immer wieder Gestaltungen konzipiert: vom Katalog zu seiner eigenen Einzelausstellung im Jahr 1991 über ein monumentales Baunetz, das während der Errichtung des ehemaligen Wiener Standortes der Generali Foundation verwendet wurde, über Plakatgestaltungen bis hin zu Entwürfen für Anzeigen. Im Zentrum stand dabei oftmals die künstlerisch-subversive Auseinandersetzung mit dem Logo der Generali Foundation und den Corporate-Design-Vorgaben des dahinterstehenden Versicherungskonzerns der Generali. Sprachspiele Dem gestalterischen Arbeiten mit Schrift steht auf der inhaltlichen Ebene eine Auseinandersetzung mit Sprache gegenüber. Sprachspiele und immer wieder neu zusammengesetzte Wortlisten zeugen von Sprachwitz und eröffnen ein Reflexionsfeld an Begrifflichkeiten, die das Arbeiten des Künstlers im zeitgenössischen Kunstbetrieb prägen. In Gegenüberstellungen von Bild- und Textmaterial untersucht Zobernig oftmals das Verhältnis von Bild und Sprache, um fast im gleichen Atemzug die Absurdität exakter Entsprechungen zu brechen. Auffallend ist dabei das Produktivmachen von (vermeintlichen) Tipp- und Rechtschreibfehlern. Diese sind zum einen als humorvolles Spiel mit Sprache, als ironischer Kommentar ihrer Unzulänglichkeiten zu lesen – etwa im „Katerlog“ oder der „Austelung“ –, zum anderen verursachen sie semantische Verschiebungen und erweitern Interpretationsspielräume – etwa, wenn die „Stellproben“ zu den „Stellproblemen“ oder die „Farbenlehre“ zur „Farbenlere“ werden. Ordnungssysteme Schemata, Standards und Normen in der Gestaltung prägen auf einer formalen Ebene, wie Information transportiert und Wissen präsentiert wird. Sie sind Teil wesentlich umfangreicherer Ordnungs- und Klassifikationssysteme, denen sich Zobernig wiederkehrend widmet. Die Enzyklopädie, das Lexikon oder der (Zettel-)Katalog als Werkzeuge der Wissensordnung, Wissensvermittlung und Wissensproduktion zeigen dabei, wie im Feld der Kunst Bedeutung generiert und wie Kategorien mit Relevanz versehen werden – obwohl oder gerade weil sie immer wieder aufs Neue ausverhandelt werden müssen. Das Spiel mit Klassifikationen bestimmt auch Zobernigs Darstellung seines eigenen künstlerischen Werdegangs: Umfangreich annotierte und nach klaren Mustern geordnete Biografien, Chronologien und Bibliografien prägen vor allem seine retrospektiv angelegten Publikationen. Die Auflistung von 26 Ausstellungen von 1990 bis 1992 entlang des Alphabets wurde vor Ort in den Ausstellungen über den jeweiligen Buchstaben deutlich, die Dokumentation dieser Interventionen wird selbst zu einer Arbeit in Form einer Diaprojektion und später mehrfach publiziert. Die alphabetische oder chronologische Liste schafft eine formale Klammer und macht Mechanismen in der Entwicklung künstlerischer Karrieren sowie die Rolle des Künstlers bei seiner eigenen Kanonisierung reflektierbar. (Jürgen Tabor/Stefanie Grünangerl)