Theresa Hak Kyung Cha
Theresa Hak Kyung Cha wurde 1951 in Korea geboren und emigrierte im Alter von 13 Jahren mit ihrer Familie in die Vereinigten Staaten. In San Francisco aufgewachsen, studierte sie von Ende der 1960er bis Ende der 1970er Jahre Kunst und vergleichende Literaturwissenschaft an der University of California in Berkely, sowie Filmtheorie am Centre d'Etudes Américain in Paris. Danach kehrte sie zunächst nach San Francisco zurück, das zu dieser Zeit ein Zentrum für experimentelle Performance- und Videokunst war. Obwohl das San Francisco Museum of Art Cha bereits 1981 einlud, einige ihrer Arbeiten zu präsentieren, wurde ihr Werk erst in den letzten zehn Jahren zunehmend gewürdigt, unter anderem durch Retrospektiven im Berkley Art Museum und in der Generali Foundation, Wien. Die Künstlerin wurde 1982 im Alter von nur 30 Jahren auf tragische Weise Opfer einer Gewalttat in New York City.
Geprägt von der Erfahrung der Migration, beschäftigte sich Cha mit Themen wie kultureller und sprachlicher Dislozierung, Entfremdung und Erinnerung. Ihre Performances, Film und Videoinstallationen, Papier- und Textilarbeiten, sowie Schriften zeugen von ihrer konzeptuellen wie poetischen Auseinandersetzung mit Sprache, die sie als wichtigste Grundlage ihres Werks ansah. Ihre umfassende intellektuelle Bildung manifestierte sich als Versuch der künstlerischen Umsetzung strukturalistischer Sprach- und französischer Filmtheorie. In der 1980 von ihr herausgegebenen Anthologie Apparatus, Cinematographic Apparatus publizierte sie beispielsweise eine ihrer eigenen Textarbeiten, Commentaire. Chas Überlegungen zeichnen sich durch ihr spezielles Interesse an den Betrachter_innen aus, mit denen sie in ihrem Werk in Dialog treten wollte, um diese an der Sinnproduktion teilhaben zu lassen. Cha, die Koreanisch, Englisch und Französisch sprach, arbeitete zumeist in mehreren Sprachen zugleich. Ihre Werke dekonstruieren Sprache, zerlegen Wörter buchstäblich in kleine Teile und finden dabei andere Bedeutungen und neue Beziehungen zwischen ihnen, oder kombinieren sie zu Neuschöpfungen – oftmals über Sprachgrenzen hinweg. Sie streben eine Öffnung des Denkens an. Cha lotete die Bedeutung der Sprache für die Bildung von Identität aus: Sie machte Fremdheit, den drohenden Selbstverlust des Subjekts in einer neuen Sprache spürbar oder untersuchte in Sprache gefasste Erinnerung hinsichtlich ihrer identitätsstiftenden Dimension, wie zum Beispiel in ihrer bekanntesten literarischen Arbeit Dictee. In diesem Künstlerbuch, das den Höhepunkt der dichten kulturellen Referenzen in ihrem Werk darstellt, verknüpfte sie ihr eigenes Schicksal als Migrantin mit dem anderer koreanischer, europäischer und amerikanischer Frauengestalten.
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